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Grundsätzliche Konzepte
der Architektur
In der Architektur werden u.a. folgende Konzepte
angewandt:
- Proportion
- Goldener Schnitt
- Modulor
Proportion
Vergleich der Breiten-, Höhen- und Tiefenmaße
in Beziehung zum Gesamtbauwerk
Goldener Schnitt
Der Goldene Schnitt (lat. sectio aurea)
ist ein bestimmtes Verhältnis zweier Zahlen, meist Längen
von Strecken, das in der Kunst und Architektur oft als ideale Proportion
und als Inbegriff von Ästhetik und Harmonie angesehen wird.
Darüber hinaus tritt es auch in der Natur in Erscheinung und
zeichnet sich durch eine Reihe interessanter mathematischer Eigenschaften
aus. Weitere verwendete Bezeichnungen sind stetige Teilung und göttliche
Teilung (lat. proportio divina).
Definitionen und Grundeigenschaften
- Zwei Strecken stehen im Verhältnis des Goldenen
Schnittes, wenn sich die größere zur kleineren verhält
wie die Summe aus beiden zur größeren (siehe Abbildung).
Dieses Verhältnis wird meist mit dem griechischen Buchstaben
F (Phi) bezeichnet. Bezeichnet man die längere Strecke mit
a und die kürzere mit b, dann gilt damit
Daraus ergibt sich für F (siehe unten)
- F ist eine irrationale Zahl.
Es zeigt sich, dass sie in einem bestimmten Sinne die irrationalste
aller Zahlen ist. Das bedeutet, dass sie sich nur schlecht durch
ein Verhältnis zweier ganzer Zahlen annähern lässt,
ein Umstand, der wesentlich zu ihrer Bedeutung in Kunst und Natur
beiträgt.
- Subtrahiert man die kürzere der beiden Strecken
von der längeren, so erhält man eine Strecke, die zur
kürzeren wiederum im Verhältnis des Goldenen Schnittes
steht. Die Bezeichnung stetige Teilung bezieht sich auf den Umstand,
dass dieser Vorgang beliebig oft wiederholbar ist und dabei stets
das selbe Verhältnis liefert.
- Ein Rechteck, dessen Seitenverhältnis
dem Goldenen Schnitt gehorcht, bezeichnet man als Goldenes Rechteck.
Ebenso nennt man gleichschenklige Dreiecke, bei denen zwei Seiten
in diesem Verhältnis stehen, Goldene Dreiecke.
- Eine wichtige Rolle spielt auch der so
genannte Goldene Winkel ? (Psi), der den Winkel von 360° im
Verhältnis des Goldenen Schnittes teilt. Meist wird der kleinere
der beiden Teilwinkel angegeben, so dass gilt
- In einem engen Zusammenhang zum Goldenen Schnitt
steht die unendliche Zahlenfolge der Fibonacci-Zahlen
1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, ...,
die auf Leonardo da Pisa, genannt Fibonacci (13.
Jahrhundert), zurückgeht. Die jeweils nächste Zahl in
dieser Folge erhält man als Summe der beiden vorangehenden.
Das Verhältnis zweier aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen
strebt gegen den Goldenen Schnitt – ein Umstand,
der bereits Johannes Kepler bekannt war.
Verwendung in der Architektur
Frühe Hinweise auf die vermutlich unbewusste
Verwendung des Goldenen Schnittes stammen aus der Architektur. Nach
Angaben des griechischen Geschichtsschreibers Herodot wurde die
Cheops-Pyramide so konstruiert, dass der Flächeninhalt jeder
der vier Seitenflächen gleich dem Quadrat der Pyramidenhöhe
ist. Daraus ergibt sich, dass die Höhe der Seitenfläche
zur Hälfte der Basiskante im Verhältnis des Goldenen Schnittes
steht. Andererseits wurde nach jüngeren Vermessungen die These
aufgestellt, dass das Verhältnis 2:p an anderer Stelle die
tatsächlichen Maße noch besser widerspiegelt.
Viele Werke der griechischen Antike werden als Beispiele
für die Verwendung des Goldenen Schnittes angesehen wie beispielsweise
die Vorderfront des 447–432 v. Chr. unter Perikles erbauten
Parthenon-Tempels auf der Athener Akropolis. Da
zu diesen Werken keine Pläne überliefert sind, ist nicht
bekannt, ob diese Proportionen bewusst oder intuitiv gewählt
wurden.
Auch in späteren Epochen finden sich zahlreiche
Beispiele goldener Proportionen, wie beispielsweise die Königshalle
in Lorsch (770 n. Chr.) und der Dom von Florenz.
Der Architekt und Maler Le Corbusier
(1887–1965) entwickelte ab 1940 ein einheitliches Maßsystem
basierend auf den menschlichen Maßen und dem Goldenen Schnitt.
Er veröffentlichte es 1949 in seiner Schrift Der Modulor, die
zu den bedeutendsten Schriften der Architekturgeschichte beziehungsweise
-theorie gezählt wird. Bereits 1934 wurde ihm für die
Anwendung mathematischer Ordnungsprinzipien von der Universität
Zürich der Titel doctor honoris causa der mathematischen Wissenschaften
verliehen.
Modulor
Der Architekt und Maler Le Corbusier
(1887-1965) entwickelte ab 1942 bis 1955 ein Proportions-System.
Der Modulor stellte den Versuch dar, der Architektur eine
am Maß des Menschen orientierte mathematische Ordnung
zu geben.
Er veröffentlichte es 1948 in seiner
Schrift „Der Modulor“, die zu den bedeutendsten Schriften
der Architekturgeschichte beziehungsweise Architekturtheorie gezählt
wird. In „Modulor 2“ (erschienen 1955) erläutert
Corbusier die Anwendung der Maßlehre, die er seinem gesamten
architektonischen Schaffen zugrunde gelegt hat.
Das System basiert auf den menschlichen
Maßen und dem Goldenen Schnitt. Zuerst nahm Corbusier 175cm,
später 183cm zum menschlichen Maß. Von dieser angenommenen
Standardgrösse des menschlichen Körpers ausgehend markierte
er Intervalle, die zueinander ungefähr in der Proportion des
Goldener Schnitts stehen. Seine Maße (die dem Goldenen Schnitt
nur ungenau entsprechen) betragen 1,13m Bauchnabelhöhe und
2,26 Gesamthöhe mit ausgestrecktem Arm. Durch sukzessive Teilung
des Modulors entsteht die blaue Reihe (226, 140, 86, 53cm, etc.).
Aus der Nabelhöhe ist die rote Reihe (113, 70, 43, 27) ableitbar.
Die erste große Anwendung
des Modulors findet man bei der Wohneinheit von Marseille (auch
„Unité d'Habitation à Marseille“ genannt),
die vollständig nach Modulor-Maßen gebaut wurde. Eine
weitere Wohneinheit findet sich u.a. in Berlin. Das Maßsystem
fand auch bei vielen anderen Entwürfen Corbusiers Anwendung.
Auf der 10 Franken-Banknote der Schweiz
ist sowohl Le Corbusier als auch sein Modulor abgebildet.
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